Restriktive Gestaltung von Rüstungsexporten
Rüstungsexporte waren in der Historie schon immer ein Mittel außenpolitisch Einfluss zu nehmen und Bündnispartner zu stärken. Bei der Frage an wen und in welchem Umfang Rüstungsgüter und Waffen geliefert werden, gehen die Meinungen weit auseinander. Für uns ist klar, dass wir an den Export von Rüstung und Waffen hohe ethische Anforderungen setzen. Die Einhaltung dieser moralischen Standpunkte sehen wir aktuell nicht und fordern deswegen eine Überarbeitung von Abläufen, Gesetzen und Entscheidungsfindungen. Wir fordern die Bundesregierung dazu auf ihre Rüstungsexportpolitik schnellstmöglich zu reformieren und restriktiver zu gestalten. Wir halten es für selbstverständlich, dass Deutschland seiner Verantwortung damit auf internationaler Ebene gerecht wird indem es einen Beitrag zur Konfliktprävention und Friedenssicherung leistet. Für uns ist es jedoch völlig selbstverständlich, dass Deutschland NATO-, EU- und NATO-gleichgestellte Staaten, aber auch gewisse Drittstaaten im Verteidigungsfall (Art. 51 UN-Charta) unterstützt, auch mit der Lieferung von Waffen- und Rüstungsgütern. Waffen- und Rüstungsexporte an Saudi-Arabien können wir zurzeit nicht rechtfertigen. Saudi-Arabien ist ein Staat, der die Menschenrechte offen ablehnt, ein Staat in dem Frauen fast keine Rechte haben, in dem es keine freie Meinungsäußerung oder Pressefreiheit gibt und in dem Minderheiten mit Gewalt unterdrückt werden. Zudem half es mit in Nachbarländern Protestbewegungen blutig zu bekämpfen, auch mit deutscher Rüstung. Seit 2015 führt es als Anführer einer Militärkoalition einen Krieg im Jemen, der zur momentan weltweit schlimmsten humanitären Katastrophe geführt hat. Durch Luftangriffe und Seeblockaden saudischer Truppen wurde ein Krieg befeuert, der bis jetzt über 10.000 Jemeniten das Leben gekostet hat, wegen dem 8,4 Mio. Menschen vom Hungertod bedroht sind – 3 Mio. davon sind Kinder unter 5 Jahren. Deshalb fordern wir ein dauerhaftes Waffenembargo gegen Saudi-Arabien und alle weiteren Staaten, die sich unmittelbar am Jemen-Krieg beteiligen. Das Waffenembargo gegen Saudi-Arabien muss solange erhalten bleiben, bis sich die Menschenrechtsbedingungen deutlich verbessern. Ein Stopp von Waffenlieferungen nach Saudi-Arabien ergibt aber nur dann wirklich Sinn, wenn auch die Produktion deutscher Waffen vor Ort eingestellt wird. Zurzeit produziert Saudi-Arabien mit deutschen Lizenzen Sturmgewehre des Typs G36 von Heckler&Koch. Diese “Kleinwaffen” verkauft Saudi-Arabien teils auch illegal an Bündnispartner weiter. Dieser illegale Verkauf von G36 Sturmgewehren durch Saudi-Arabien muss umgehend unterbunden werden, indem die entsprechenden Lizenzen entzogen werden. Wir halten es für zwingend notwendig die bestehenden Schlupflöcher, welche die Rüstungsindustrie ausnutzt, um die Genehmigungspflicht deutscher Behörden zu umgehen, geschlossen werden. Allem voran muss es strengere Vorschriften geben, die dafür sorgen, dass Rüstungsfirmen mit Hauptsitz in Deutschland nur dann Firmen in anderen Staaten (NATO-, NATO-gleichgestellten- und EU-Staaten) übernehmen bzw. gründen dürfen, wenn diese der deutschen Genehmigungspflicht unterliegen. Dadurch soll verhindert werden, dass Rüstungsfirmen Waffen oder Rüstungsgüter in anderen Ländern produzieren und verkaufen ohne Kontrolle durch deutsche Behörden zu unterliegen. Auch fordern wir die Schließung eines weiteren Schlupflochs bei der technischen Unterstützung. Als technische Unterstützung ist es deutschen Managern erlaubt im Ausland für andere Rüstungskonzerne tätig zu sein. Wir halten es für falsch unkontrollierte Hilfe beim Herstellen von Rüstungsgütern zu tolerieren. Im Bereich der technischen Unterstützung gibt es bereits Einschränkungen für nicht-konventionellen Waffen. Wir fordern diese Einschränkung auch auf konventionelle Waffen zu übertragen, indem sie die Außenwirtschaftsverordnung (AWV) erweitert und eine Genehmigungspflicht für alle Waffengattungen einführt. Die Forderung, die im Koalitionsvertrag festgehalten ist, dass grundsätzlich keine Exporte von “Kleinwaffen” an Drittstaaten mehr erfolgen sollen, müssen umgehend umgesetzt werden. Auch die Lizenzvergabe zur Herstellung von “Kleinwaffen” muss umgehend eingestellt werden. Wurden Waffen- und Rüstungsexporte erstmal genehmigt (Ausfuhrgenehmigung), dauert es in der Regel noch eine Weile bis die Ausfuhr tatsächlich stattfindet. Eine erteilte Ausfuhrgenehmigung kann auch wieder entzogen werden. Jedoch besteht in einem solchen Fall das Recht auf Entschädigung von Seiten des Bundes für die entsprechende Rüstungsfirma. In Zukunft soll die Dauer von Exportgenehmigungen auf zwei Jahre beschränkt werden. Das würde die Regressforderungen deutlich erschweren. Das Grundgesetz bestimmt, dass alleinig die Bundesregierung darüber zu entscheiden hat, wer Kriegswaffen herstellen, befördern und in Verkehr bringen darf. Diese Entscheidung findet in der Regel im Bundessicherheitsrat statt, der aus den Vertreter*innen der Ministerien des Inneren, des Äußeren, der Justiz, der Finanzen, der Wirtschaft, der Verteidigung, der Entwicklungszusammenarbeit, der/dem Chef*in des Bundeskanzler*innenamts und der/dem Bundeskanzler*in besteht. Dieses von der Union geführte Gremium trifft seine Entscheidungen durch einen einfachen Mehrheitsentscheid. Wir fordern die Rückkehr zu einvernehmlichen Entscheidungen innerhalb der Regierung. Die SPD muss hier Durchsetzungsvermögen beweisen! Wir sind zudem der Meinung, dass nicht alleinig die Bundesregierung darüber entscheiden sollte, an wen Deutschland Kriegswaffen liefert. Deshalb streben wir eine Änderung des Grundgesetzes an, wonach der Bundestag in die Entscheidung über Waffenexporte miteinbezogen wird. Natürlich halten wir die Geheimhaltung bestimmter außenpolitischer Entscheidungen für wichtig und notwendig, wofür hierbei auch gesorgt werden muss. Kurz- und Mittelfristig fordern wir eine Reform der Rüstungsexportgesetzte, welche den Entscheidungsspielraum der Bundesregierung einschränkt. Die “politischen Grundsätze der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern” sollen nicht nur eine bloße Handlungsempfehlung bleiben, sondern auch rechtlich für die Bundesregierung geltend sein. Entgegen der “politischen Grundsätze der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern” wirkt Deutschland dennoch bei der Entwicklung und bei der Produktion von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern mit. Zwischen europäischen Bündnispartnern gibt es häufig Vereinbarungen, dass kein Land das andere daran hindere Rüstungsprodukte auszuführen, auch wenn Komponenten des anderen darin verbaut sind. So lieferten deutsche Rüstungsfirmen beispielsweise Funkgeräte für den Eurofighter nach England, die diese dann an Saudi-Arabien verkaufen. Wir sehen als langfristiges Ziel eine gemeinsame europäische Sicherheitsstrategie, welche auch die Frage, an wen wir Rüstungsgüter exportieren beantwortet. Bis dahin muss Deutschland jedoch nach seinen politischen Grundsätzen über Rüstungsexporte entscheiden. Es ist nicht länger hinnehmbar, dass Deutschland weiterhin über andere EU-Staaten Waffen und Rüstung, ohne Kontrolle an Krisenstaaten liefert.