Gemeinsam gegen Diskriminierung – Etablierung eines antidiskriminierenden Bildungskonzepts
Niemand wird mit diskriminierenden Ansichten geboren. Sie werden in die Wiege gelegt. Und dann in die Schultüte. Die Sozialisation nimmt eine entscheidende Rolle in der eigenen Weltanschauung ein. Wen wir annehmen und ablehnen, was uns wichtig ist und was nicht, lernen wir durch soziale Interaktion. Bildungseinrichtungen sind auf lange Sicht der Ort, an dem Kinder einen Großteil ihres Tages verbringen, und das ist auch gut so. Das bedeutet allerdings auch, dass innerhalb dieser Institutionen im Wesentlichen die Maßstäbe für die eigenen sozialen Werte ausgebildet werden.
Diskriminierung als strukturelles gesellschaftliches Problem
Etwa jeder dritte Mensch in Deutschland hat persönliche Erfahrungen mit Diskriminierung gemacht. Einen Großteil machen dabei Formen von Diskriminierung aus, die im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) aufgeführt werden. Das Gesetz umfasst ein Verbot von Benachteiligung aufgrund von personenbezogenen Merkmalen: ethische Herkunft, Geschlecht, Religion oder Weltanschauung, Behinderung, Alter und sexuelle Identität werden von dem Gesetz abgedeckt. Ein Bericht der Antidiskriminierungsstelle geht dabei noch weiter und berücksichtigt außerdem Merkmale, die unter dem Punkt „soziale Herkunft“ zusammengefasst werden. Durch diese Berücksichtigung steigt die Anzahl der von Diskriminierung Betroffenen noch einmal um 4,2%.
Das zeigt: ein erheblicher Teil der Bevölkerung wird wegen Merkmalen benachteiligt, die zur Bildung einer persönlichen Identität gehören und die durch die Grundrechte eigentlich abgedeckt scheinen. Die große Zahl der Betroffenen lässt vermuten, dass Diskriminierung ein strukturelles Problem ist. Wann aber gilt Diskriminierung als strukturell? „[...] Der Beruf der Erzieherin [ist] geschichtlich betrachtet in Deutschland ein Frauenberuf. Berufe, in denen hauptsächlich Frauen arbeiten, wurden und werden bis heute sehr viel schlechter bezahlt.“ Die Ergebnisse des Berichts der Antidiskriminierungsstelle des Bundes zeigen deutlich, dass diese Form der Diskriminierung in Deutschland Alltag ist. Im Bericht heißt es genauer: „Geht es um wichtige Ressourcen wie Arbeit, Bildung, Wohnraum oder Güter wie Versicherungen äußert sich Diskriminierung häufig als verwehrter Zugang oder in Form geringerer Chancen durch schlechtere Behandlung und stereotype Zuschreibungen. In Öffentlichkeit und Freizeit sind es Herabwürdigungen, Beleidigungen und Übergriffe; in Ämtern und Behörden oft Regeln, Gesetze oder eingeschliffene Verwaltungspraxen, durch die Menschen sich diskriminiert sehen.“
Bildung als Schlüssel für die Bekämpfung von Diskriminierung
Diese diskriminierenden Strukturen muss die Gesellschaft aktiv aufbrechen. Diskriminierung muss sichtbar gemacht werden. Das geht unter anderem aus den übergreifenden Handlungsempfehlungen der Antidiskriminierungsstelle hervor. Damit bestehende Strukturen verändert oder aufgelöst werden können und zukünftige Maßnahmen diskriminierungsfrei gestaltet werden können, müssen Akteur*innen kompetent und sensibel sein. Kompetent im Bereich der Kenntnis um Diskriminierungsformen und deren Vermeidung, der Vermittlung antidiskrimierenden Wissens und dem Erkennen von Benachteiligung und Diskriminierung. Sensibel im Bereich der Beratung von Betroffenen und der Vermittlung zwischen Akteur*innen.Daraus folgt: Wir brauchen ein umfassendes Bildungskonzept, das die benötigten Kompetenzen vermittelt, damit diese weitergegeben werden können. In allen Bereichen der Gesellschaft, in denen Wissen vermittelt wird, muss Antidiskriminierung einen festen Platz bekommen. Projekte wie „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ sind erste Schritte in die richtige Richtung. Ein bloßes Labeling ist aber unzureichend. Ein antidiskriminierendes Bildungskonzept muss bereits in der frühkindlichen Bildung etabliert und in allen Formen der Wissensvermittlung realisiert werden. Es muss fester Bestandteil des regulären Bildungsplans werden. Das beinhaltet vor allem eine Aufarbeitung der Geschichte von Diskriminierungsformen und die Anregung zur kritischen Selbstreflexion. Denn: "Nur wer gut mit sich selbst umgehen kann, geht auch mit anderen gut um."
Gemeinsam für Pluralismus
Wir müssen uns als Gesellschaft geschlossen gegen jegliche Form von Diskriminierung stellen. Bewegungen wie Black Lives Matter und Proteste der LGBTQ+ Bewegung zeigen, dass wir ein ganzes Stück Arbeit vor uns haben. Arbeit im Dienste des Pluralismus, der Toleranz und der Integration. Damit wir eine Gesellschaft sind, in der jeder Mensch gern leben möchte. Frei von Diskriminierung, frei von der Angst, ausgeschlossen zu werden. Die Jusos Baden-Württemberg setzen sich daher für die Umsetzung eines antidiskriminierenden Bildungskonzepts ein, das umfassende Aufklärung und Prävention im Bereich der Diskriminierung bietet. In jeder Bildungsstufe, jedem Alter, jeder Bildungsinstitution.