Für einen konsequenten Klimaschutz und eine effiziente Energiewende
Für uns ist klar, dass das im Pariser Klimaschutzabkommen von 2015 festgelegte 1,5 Grad-Ziel unbedingt eingehalten werden muss. Sonst drohen Ende dieses Jahrhunderts Dürren, Nahrungsmittelknappheit und Überschwemmungen, durch die Milliarden von Menschen ihren Lebensraum verlieren könnten. Um dies zu verhindern, hat die Menschheit noch maximal 20 Jahre Zeit, die globalen Treibhausgas-Emissionen auf Null zu bringen. Die Einhaltung des 1,5 Grad-Ziels wurde im Bundestag einstimmig ratifiziert. Dennoch trägt keines der von der Bundesregierung bisher auf den Weg gebrachten Gesetze aus dem Klimaschutzprogramm 2030 wesentlich dazu bei, dieses selbst gesteckte Ziel zu erreichen. Wollte Deutschland nämlich ernsthaft zur Einhaltung des 1,5 Grad-Ziels beitragen, müsste es darauf hinarbeiten, bis spätestens 2040 seine THG-Emissionen auf Null zu senken. Im Bundes-Klimaschutzgesetz von 2019 wird konträr dazu aber nur die Treibhausgasneutralität bis 2050 als unverbindliches langfristiges Ziel verfolgt. Auch die deutschen Klimaziele für 2030 sind dementsprechend viel zu niedrig gesteckt und können bei Beibehaltung des aktuellen Trends der deutschen THG-Emissionen dennoch nicht eingehalten werden. Zwar werden die Klimaziele für 2020 voraussichtlich erreicht werden, aber nur wegen des zufälligen Ausbruchs einer Viruspandemie. Von einem zügigen Zurückkehren der THG-Emissionen auf ein Vorkrisenniveau nach Überwindung dieser ist auszugehen, auch in Anbetracht des Trends nach früheren Krisen, wie etwa der Weltwirtschaftskrise von 2009.
Um diese Entwicklungen aufzuhalten und in Deutschland endlich zu einem radikalen, systematischen und effizienten Klimaschutz zu gelangen, stellen wir folgende Forderungen:
Die Energieversorgung von morgen!
Der wichtigste Baustein einer gelingenden deutschen Energiewende und damit eines ernstzunehmenden Klimaschutzes stellt der rapide Ausbau Erneuerbarer Energien dar. Da die Ausbaumöglichkeiten im Sektor der Biomasse durch eine ohnehin schon nicht mehr umweltverträgliche Europäische Abholzung begrenzt ist und Deutschland nicht über ausreichend hohe Berge zur nennenswerten Erzeugung von Wasserkraft verfügt, müssen sich die Anstrengungen hier auf die drei Kernkonzepte Geothermie, Windkraft und Photovoltaik . Um bis 2040 THG-neutral zu werden, wird hier ein Ausbau im folgenden Maße benötigt:
In der Windenergie müssen Erzeugungskapazitäten von insgesamt ca. 200 GW onshore und 70 GW offshore geschaffen werden. Derzeit stehen Kapazitäten von 54 GW onshore und 7 GW offshore zur Verfügung. Dieses Defizit kann nicht allein durch Bau von mehr Windkraftanlagen ausgeglichen werden. Um diese Ziele bis 2040 zu erreichen, müssen die im Klimaschutzprogramm festgelegten Abstandsregelungen von 2000 Metern um Wohngebiete in Bayern und 1000 Metern im restlichen Land für Windkraftanlagen dringend in angemessenem Maße reduziert werden. Die für die Schaffung von 200 GW Erzeugungskapazitäten onshore benötigte Fläche beträgt ca. 2% der deutschen Landesfläche. Durch die Abstandsregelungen reduzieren sich aber die für den Bau von Windkraftanlagen geeigneten Flächen um 20-50%. Dies ist für eine gelingende Energiewende inakzeptabel.
Für die Photovoltaik muss das langfristige Ziel (bis 2040) ein Ausbau auf insgesamt 400 GW Erzeugungskapazität sein. Aktuell steht diese bei 50 GW. Dieses Defizit soll kompensiert werden durch 50% Ausbau auf Gebäudedächern und 50% auf Freiflächen (etwa 1000 km2 Fläche benötigt, teilweise kombinierte Nutzung mit landwirtschaftlichen Nutzflächen möglich).
Um die Energieversorgung Deutschlands bei jeder Wind- und Wetterlage zu sichern, müssen die Speichermöglichkeiten für Strom ausgebaut werden. Dazu soll die Forschung für Lithium-freie Batteriesysteme, Wasserstoffelektrolyse, Power to X und die hierfür notwendige Carbon Capture and Utilization Technologie vom Bund gefördert werden.
Wasserstoff ist als Energieträger ineffizient, da beispielsweise 3 KWH Strom aus Solarenergie benötigt werden, um 1 KWH Strom aus grünem Wasserstoff zu erzeugen. Diese Technologie sollte deshalb auf Bereiche beschränkt bleiben, in denen es keine andere Möglichkeit gibt, grüne Energie zu nutzen, z. B. als Antrieb in Flugzeugen oder in der Stahlindustrie. Wird der breite Einsatz von Wasserstoff als Energieträger forciert, würde das die Energiewende nur unnötig verteuern.
Die Speicherung von Strom in Form von Wasserstoff sollte nicht forciert werden. Diese Speichertechnologie sollte nur zur Speicherung von überschüssiger Energie von Windkraftanlagen und Photovoltaikanlagen eingesetzt werden. In diesem Falle ist der hohe Energieverlust bei der Umwandlung in Wasserstoff akzeptabel, da bei einem Überangebot von Strom Windkraft- und Photovoltaikanlagen abgeregelt werden müssen. Dieses Problem wird sich in der Zukunft aufgrund einer starken Zunahme der Kapazität dieser Anlagen der Stromerzeugung verschärfen. Zudem ist keine bessere Vernetzung der Stromnetze auf europäischer Ebene absehbar, mit der sich ein zu hohes Stromangebot aus regenerativen Energien vermeiden ließe.
Damit ein solch starker Ausbau der Erneuerbaren Energien stattfinden kann, wie benötigt, um Deutschland bis 2040 klimaneutral zu machen und die Pariser Klimaziele einhalten zu können, müssen natürlich auch geeignete rechtliche Rahmenbedingungen geschaffen werden. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz wurde im Jahr 2000 eingeführt, um die Markteinführung der Erneuerbaren Energien zu bewerkstelligen und für die Schaffung einer Konkurrenzfähigkeit dieser zu sorgen. Diesen Zweck hat es erfüllt. Allerdings gibt es im EEG viele Hürden, die den Ausbau der Erneuerbaren Energien im heute nötigen Umfang bremsen, statt diese zu fördern. Der sogenannte Solardeckel, also das Entfallen der Vergütung für Strom aus Photovoltaik-Anlagen ab 52 GW Gesamtleistung wurde zum Glück bereits gestrichen. Doch es bestehen weiterhin zahlreiche gesetzliche Hemmnisse. So enthält z. B. §49 EEG die Regelung, die Einspeisevergütung für Photovoltaik-Anlagen bei einem jährlichen Zubau, der die Grenze von 1,5 GW Energieleistung überschreitet, monatlich um 1,4% abzusenken. Durch diese Regelung wird ein sich entwickelnder Markt stetig künstlich ausgebremst und innerhalb der nächsten zwei Jahre würde der Bau von Solaranlagen sowohl für gewerbliche Zwecke als auch für Privatpersonen unwirtschaftlich und damit unattraktiv werden. Auch diese Regelung muss dringend abgeschafft werden, um zu verhindern, dass sich der Ausbau Erneuerbarer Energien in den nächsten Jahren in die völlig falsche Richtung entwickelt. Des Weiteren enthält das EEG zahlreiche Hürden der Bereitstellung von Solarstrom für Mieter und strikte Flächenrestriktionen für den Photovoltaik-Ausbau, die dringend aus dem Weg geräumt werden sollten. Außerdem wurde durch eine Abkehr der Festvergütung zu Gunsten von Ausschreibungen dafür gesorgt, dass große Energieanbieter den Markt unter sich aufteilen können und kleine Akteure herausgedrängt werden.
All diese Probleme im EEG sind gravierend. Deshalb fordern wir die Abkehr von diesem Gesetz und die Entwicklung eines neuen Gesetzeskonzepts, das die Förderung des Zubaus von Erneuerbaren Energien im großen Stil in den Vordergrund stellt, und zwar abhängig von den Treibhausgas-Emissionen in Deutschland: Sind diese zu hoch, müssen Erneuerbare Energien noch stärker gefördert werden. Das bisherige Konzept, nach dem das Erreichen eines bestimmten Kontingents an Erneuerbaren den Wegfall von Förderungen bedeutet, ist obsolet. Dadurch werden die einzigen Technologien (Windkraft und Photovoltaik) künstlich klein gehalten, mit deren Hilfe uns noch eine rechtzeitige Energiewende gelingen kann. Das EEG soll man hierbei auslaufen lassen und parallel dazu ein neues Gesetz auf den Weg bringen, um dieses abzulösen. Durch einen fließenden Übergang wird die Gefährdung der Förderung älterer Anlagen verhindert.
Mutig für die Wärmewende!
Der Anteil Erneuerbarer Energien am deutschen Gesamtenergiebedarf (Strom, Wärme, Verkehr) liegt aktuell bei etwa 15%. Selbst bei schnellstem Zubau an Erneuerbaren Energien wird es nicht mehr gelingen, diesen Anteil beim aktuellen Niveau bis 2040 auf 100% zu steigern. Daher muss ein weiterer großer Aspekt der Deutschen Energiewende die Senkung des Gesamtenergiebedarfs sein. Einen wichtigen Baustein stellt hier die Förderung wirksamer Gebäudedämmung dar. Ein weiterer essentieller Schritt wäre ein Verbot des Einbaus von Öl- und Gasheizungen in Deutschen Gebäuden. Stattdessen muss flächendeckend auf nachhaltige Heizungssysteme gesetzt werden, die auf erneuerbaren Energien basieren (Wärmepumpen, Solarthermie, Geothermie, Biomasse). Dabei muss das Ziel sein möglichst oft Nah- und Fernwärmenetze zu etablieren. Heizungssystemen auffallen, dürfen jedoch nicht vollständig zu Lasten der Käufer*innen entstehen. Die Mehrkosten, die beim Neubau von nachhaltigenHeizungssystemen auffallen, dürfen jedoch nicht vollständig zu Lasten der Käufer*innen entstehen.
Mobilität: Nachhaltig und für alle!
Auch im Verkehrssektor muss es uns gelingen, den Energieverbrauch signifikant zu senken. Hier muss die Botschaft ganz klar lauten: Weg vom Individualverkehr, hin zu Öffentlichen Verkehrsmitteln. Deutschland muss anstreben, seine Autoflotte bis 2040 zu halbieren. Hierbei muss dafür gesorgt werden, dass Öffentliche Verkehrsmittel für alle Menschen erreichbar und erschwinglich sind. Das Klimaschutzprogramm 2030 sieht bereits sowohl eine Erhöhung der Bundesmittel für die Deutsche Bahn (Modernisierung, Ausbau und Elektrifizierung des Schienennetzes und des Bahnsystems) und für den ÖPNV nach GVFG vor. Wir fordern, dass die Verhältnismäßigkeit dieser Finanzmittel für das langfristige Ziel des Ersatzes von 50% des Individualverkehrs regelmäßig geprüft und bei eventuellen Defiziten nachgebessert wird. Des Weiteren fordern wir, dass das Geld des Bundes bei der Bahn zu einem angemessenen Teil in den ambitionierten Ausbau des Güterverkehrs per Schiene gesteckt wird. Sowohl im Fernverkehr als auch im ÖPNV muss dafür gesorgt werden, dass genug Finanzmittel darin investiert werden, die Fahrkarten für alle Menschen erschwinglich zu machen. Es kann nicht weiter angehen, dass einige öffentliche Verkehrsmittel unattraktiv sind, da ihre Nutzung teurer wäre als eine Fahrt mit dem Auto. Unser langfristiges Ziel ist der ticketlose, also gebührenfreie ÖPNV. Auch der Radverkehr in Deutschland muss allerorts gefördert werden, durch verstärkten Ausbau von Radwegen und Errichtung sicherer Stellplätze.
Letztendlich kann eine Klimaneutralität bis 2040 allerdings nur gelingen, wenn die dann noch verbleibenden Fortbewegungsmittel des Individualverkehrs nicht mehr mit Fossilen Brennstoffen betrieben werden. Elektroautos haben einen Wirkungsgrad von 90% (gegenüber gerade mal durchschnittlich 30% bei Autos mit Verbrennungsmotoren). Durch die Nutzung von Elektroautos können damit nicht nur 2/3 an Energie im Individualverkehrssektor eingespart werden, diese können bei Betrieb mit Strom aus Erneuerbaren Energien auch klimaneutral betrieben werden. Wir fordern daher ein Verbot der Neuzulassung von Autos mit Verbrennungsmotor ab 2030 und eine angemessene Förderung der Elektromobilität, insbesondere durch den starken Ausbau der Ladeinfrastruktur in Deutschland. Der Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor soll dabei in einem Prozess unter Beteiligung der Gewerkschaften, der Industrie, der Umweltverbände, der betroffenen Regionen und der Politik ausgestaltet werden. Die im Klimaschutzprogramm geplante Errichtung von 1 Mio. Ladepunkten bis zum Jahr 2030 ist hierbei nicht ausreichend.
Kohlestopp!
Nicht nur der Ausbau Erneuerbarer Energien muss deutlich schneller vonstatten gehen, als derzeit vorgesehen, auch beim Ausstieg aus veralteten klimaschädlichen Technologien ist dies der Fall. Das im Juli 2020 beschlossene Kohleausstiegsgesetz stellt daher für das Weltklima keineswegs einen Erfolg dar. Bei einem Kohleausstieg bis "spätestens" 2038 ist ein Nicht-Einhalten der Pariser Klimaziele vorprogrammiert. Das Jahr 2038 als Enddatum ist ein willkürlich gestecktes Ziel, das dem Klima mehr schadet als nützt. Würde in Deutschland endlich mit dem wirklich ambitionierten Ausbau Erneuerbarer Energien begonnen werden, wäre ein Weiterbetrieb von Kohlekraftwerke durch die Preise von THG-Zertifikaten im Europäischen Emission Trade System spätestens bis 2030 unwirtschaftlich. Wir fordern daher ein Enddatum für den vollständigen Kohleausstieg nicht später als 2030.
Klimaschutz heißt Chancen!
Selbstverständlich muss eine gelingende Energiewende auch die Menschen mitnehmen. Wie bei jedem größeren technologischen Wandel in der Geschichte der Menschheit werden einige der heutigen Berufe im Laufe dieser Entwicklung obsolet werden, beispielsweise in der Kohlekraft, Atomkraft, Automobilindustrie oder Luftfahrtbranche. Doch anstatt stur an alten Technologien festzuhalten, um Jobs zu erhalten und damit eine globale Klimakrise noch unvorstellbaren Ausmaßes zu riskieren, muss den Menschen die Möglichkeit gegeben werden, sich an die neuen Verhältnisse anzupassen. Wir fordern daher die Auflage eines umfangreichen bundesweiten Umschulungsprogramms. Für die Energiewende wird viel Personal benötigt werden. Soll die THG-Neutralität Deutschlands bis 2040 erreicht werden, müssen in den nächsten Jahren in großem Umfang neue Stellen in den oben genannten Schlüsseltechnologien geschaffen und besetzt werden. Der Personalbedarf ist da, es muss nun dafür Sorge getragen werden, dass sich Menschen, deren alter Job womöglich der Energiewende zum Opfer fällt, für diese neuen Posten qualifizieren können.
Act Global!
Deutschland kann die Rettung des Weltklimas nicht alleine erreichen. Wir sind dabei auf Zusammenarbeit mit anderen Ländern angewiesen, auf globaler Ebene, besonders aber auch in der Runde unserer Europäischen Nachbarn. Die EU-Kommission hat bereits 2019 einen Fahrplan für die Erreichung von Klimaneutralität innerhalb der EU in Form des Green Deals vorgestellt. Mag dieses Programm auch nicht perfekt sein, so stellt es doch ein wichtiges Zeichen des Umdenkens in der EU beim Thema Klimaschutz dar. Wir fordern, dass Deutschland auf EU-Ebene die Maßnahmen im Rahmen dieses Plans radikal unterstützt, anstatt sie zu blockieren. Die bundesweiten Anstrengungen zum Klimaschutz sollen außerdem wenigstens an diesen europäischen Handlungsrahmen angeglichen werden, wo dieser ambitionierter ist.
Die Bundesrepublik ist in den letzten Jahren in Sachen Klimafreundlichkeit in der globalen Zusammenschau deutlich ins Hintertreffen geraten. Wir fordern, dass Deutschland wieder eine Vorreiterrolle im Klimaschutz einnimmt und als reiches Industrieland mit gutem Beispiel vorangeht.
Nicht reden, handeln!
Der Klimawandel stellt eine globale Bedrohung nicht nur für uns Menschen, sondern den gesamten Planeten mit all seinen Ökosystemen dar. Wir sind wohl die letzte Generation, die ihn noch aufhalten kann. Aber das wird uns nur durch radikale Änderungen des status quo gelingen, nicht durch Zögerlichkeit und halbgare Kompromisse. Mit Naturgesetzen lässt sich nicht verhandeln. Werden bestimmte Kipppunkte im Weltklima einmal überschritten, sind die Folgen verheerend und nicht mehr rückgängig zu machen. Egal, ob sie ein paar Jahre früher oder später überschritten werden und auf welche Weise. Wir fordern daher den Einsatz der SPD für einen ambitionierten, konsequenten Klimaschutz und eine schnelle, effiziente Energiewende, um unseren Planeten noch zu retten.